Nach dem Ende meiner zweijährigen Liaison, welche das Ende meiner vieljährigen Langzeitbeziehung eingeleitet hatte, versuchte ich, aus Einsamkeit und Torschußpanik, neue Bekanntschaften zu schließen und meldete mich in einem Online-Dating-Portal an, welches mittels ausschließlich optischer Darbietung potentieller Kandidatinnen die Kontaktaufnahme bei gegenseitigem Interesse ermöglicht. Rechts Top, links Flop, ein bisschen Text, in den meisten Fällen nicht sehr aussagekräftig. Ich lernte tatsächlich einige Frauen kennen, verabredete mich und merkte bei nahezu allen, dass sich auf meiner Seite kein wirkliches Interesse einstellen wollte. Man hatte einen schönen Abend, unterhielt sich angeregt, dann trennten sich die Wege wieder und man hörte nichts mehr voneinander. Bei den meisten der Damen hatte ich kein Bedürfnis, den Kontakt über ein erstes Treffen hinaus zu vertiefen. Nur mit einer, ich nenne sie hier mal Diana, entwickelte sich eine längerwährende Verbindung, die bis zum heutigen Tag in Form sporadischen Austauschs von Mails anhält. Diana lebte zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens gut einhundertfünfzig Kilometer von meinem Wohnort entfernt, so dass wir uns in den wenigen Wochen bis zu ihrer geplanten Abreise in ein fernes Land, wo sie für ein Jahr leben wollte, nur etwas fünf-, sechsmal sehen konnten. Ich mochte Diana und mag sie auch heute noch. Sie war durchaus attraktiv und wir teilten sehr viele gemeinsame Interessen. Eigentlich hätte alles gepasst, aber dennoch verliebte ich mich nicht. Es blieb lediglich bei freundschaftlichen Gefühlen auf meiner Seite. Während unserer Treffen, welche stets im öffentlichen Raum stattfanden, kamen wir uns durchaus näher. Wir küssten einander leidenschaftlich, wenn wir uns verabschiedeten, berührten einander im Auto. Bereits hierbei bemerkte ich, dass ich mich nur wenig sexuell erregte. Kannte ich es doch von früher, dass die Annäherung an eine fremde Frau, die ersten Küsse, die ersten Berührungen stets zu Lust und Verlangen geführt hat. Ums kurz zu fassen: Sie machte mich einfach nicht an. Es war wie verhext. Ich empfand Diana als durchaus attraktiv, ich mochte sie, aber sexuell löste sie bei mir kein Verlangen aus. Ich war mir durchaus bewusst, dass Diana Sex erwarten würde und so besorgte ich mir in Aussicht auf eine gemeinsame Nacht Viagra ...
Zeitgleich lernte ich beim Sport eine zweite Frau kennen. Ich nenne sie hier einmal Amelie. Amelie war ein sehr offener Mensch. Frühzeitig schlug sie gelegentliches gemeinsames Training unserer Sportart vor und ich willigte ein. Sehr rasch kamen wir uns außerhalb des Sports näher. Wir begannen auszugehen und einander zu besuchen. Amelie war durchaus attraktiv, aber nicht so gänzlich mein Typ. Genauso wie bei Diana verspürte ich auch bei ihr wenig bis gar kein sexuelles Verlangen, wenn wir einander näher kamen. Ich verspürte keinerlei Verliebtheit, keinerlei Interesse an ihr. Auch bei Amelie wappnete ich mich mit Viagra ...
Sex mit den beiden Frauen, mit Diana habe ich nur einmal geschlafen, mit Amelie wiederholt über einen Zeitraum von mehreren Monaten, klappte, auch mit chemischer Hilfe, nicht immer zufriedenstellend. Ich entwickelte einfach kein sexuelles Verlangen nach diesen Frauen, obgleich ich es mir wünschte, Lust zu haben. Oftmals aber wirkte Viagra und ich bekam eine Erektion, so dass ich mit Amelie schlafen konnte, obgleich mich ihre Nähe, ihr Körper nicht wirklich erregte. Es fühlte sich merkwürdig an, wie dissoziiert, mit einem weiblichen Körper zu schlafen, den ich nicht begehrte, gleichzeitig gedanklich aber in andere Welten abzuschweifen und keinerlei sexuelles Verlangen zu empfinden.
Immerhin lernte ich in dieser Zeit viel über meine eigene Sexualität, zum Beispiel, dass es eine Art endogene Erregung gibt, die zyklisch aufzutreten scheint und, so vermute ich, hormonell und neurotransmissiv reguliert wird. Daneben gibt es eine exogene Erregung, also eine sexuelle Erregung, die durch äußere Faktoren, wie der Anwesenheit einer begehrten Frau, Berührungen, sexuelle Handlungen und so weiter, getriggert wird. Im Idealfall sind sowohl endogene, als auch exogene Erregung stark. So jedenfalls erlebte ich es oftmals während meiner Liaison mit Anna, über welche ich zu einem späteren Zeitpunkt noch berichten werde. Der bloße Gedanke an Anna hatte bei mir damals ein schier unermessliches Verlangen nach ihr ausgelöst, eine Erregung, wie ich sie in den Jahren meiner Langzeitbeziehung nicht mehr wahrgenommen habe. All meine Gedanken haben sich auf sie fokussiert, so dass ich es kaum erwarten konnte, sie zu sehen.
Viagra im Übrigen vermag eine Erektion zu begünstigen, keinesfalls aber verstärkt es eine sexuelle Erregung oder löst eine solche aus.
Irgendwann habe ich mich von Amelie getrennt. Es machte keinen Sinn, mich mit einer Frau zu treffen, für die ich keinerlei sexuelle Empfindung aufbringen konnte. Ich mag sie noch heute, aber eben nur auf freundschaftlicher Ebene. Amelies Erwartung war aber eine andere, so dass ich es für sinnvoller erachtet habe, das kurze Intermezzo zu beenden.